Emil Julius Gumbel - Chronologie

Chronologie von Emil Julius Gumbels Leben

 

 18.7.1891 Emil Julius Gumbel wird in München geboren
 1910 Abitur am Wilhelmsgymnasium seiner Heimatstadt
 1910-34 Studium der Nationalökonomie in München
 1.2.1913 Diplom für Versicherungsverständige, anchließend Assistent am Seminar für Statistik und Versicherungswisssenschaft
 28.7.1914 Promotion zum Dr. oec. publ.
 November 1914 Brief an Normann Angell
 August 1914

Meldung als Kriegsfreiwilliger  zum 1. Bayrischen Schneeschuhregiment

 Januar 1915 Beurlaubung wegen Krankheit
 Herbst 1915 Eintritt in den Bund Neues Vaterland (BNV)
 Wintersemester 1915/6 Beginn eines Physikstudiums in Berlin
 Seit 1.2.1916 Ingenieur in der Flugzeugmeisterei Adlershof (bei Berlin)
 April 1917 Eintritt in die Unabhängige Sozialdemokratische Partei (USPD)
 Seit 1.5.1918 Beschäftigung bei Telefunken
 21.11.1918 Rede auf der ersten öffentlichen Versammlung des Spartakusbundes
 März 1919 Deutscher Delegierter auf der 1. Internationalen Begegnung der Friedenfreunde in Bern. Dadurch entgeht er am
14.3.1919 einem Militärkommando,das ihn zur standrechtlichen Erschießung abholen will
 2.10.1919 Mitgründer des Friedensbundes der Kriegsteilnehmer
 1.7.1920 Konstituierung des "Nie wieder Krieg"-Aktions-Ausschusses zusammen mit Ossietzky, Nicolöai Tucholsky, Jacob u.a., der jährlich zum Jahrestag des Kriegsbeginn Massenkundgebungen organisierte
 Oktober 1920 Eintritt mit der USPD-Mehrheit in die SPD
 Seit 1921 Lehrer an der Betriebsräteschule des Allgemeinen   
Deutschen Gewerkschaftsbundes in Berlin
 Ende 1922 Habilitation für Statistik am Institut für Sozial- und
Staatswissenschaften (InSoSa) der Universität Heidelberg
 20.01.1923  Mit seiner Antrittsvorlesung "Sinn und Abgrenzung der
Statistischen Gesetze" erwirbt Gumbel in Heidelberg die Lehrberechtigung für Statistik und erhält ein Privat-
Dozentenstipendium
 Ab SS 1923 Lehrauftrag für Statistik am InSoSta
 Mai und Juli 1924

Zwei später eingestellte Landesverratsverfahren wegen "Verschwörer" und "Gibt es eine Schwarze Reichswehr?"

 26.7.1924 "Feld der Unehre"-Äußerung auf einer "Nie wieder Krieg"-Veranstaltung in der Heidelberger Stadthalle. Deswegen am
 30.7.1924

Einleitung eines Disziplinarverfahrens und am

 31.7.1924

Suspendierung durch den badischen Kultusminister

 4. bzw.6.8.1924

Beschlüsse von philosophischer Fakultät und Engerem Senat der  Universität Heidelberg, beim Kultusministerium zu beantragen, Gumbel die Lehrberechtigung zu entziehen. Zugleich jedoch am

 6.8.1924

Aufhebung der Suspendierung durch das Ministerium, nachdem Gumbell seine Äußerung bedauert hatte. Aufgrund dieser Pattsituation

 Bis Mai 1925 Weiter disziplinarische Untersuchungen und Erstellung  eines Gutachtens über Gumbels Persönlichkeit durch die Fakultät
 5.9.1924 Empfang führender deutscher Pazifisten, darunter Gumbel, durch den französischen Ministerpräsidenten Herriot beim Völkerbund in Genf
 Ende Oktober 1924 auf Einladung der französischen Liga für Menschenrechte Vortragsreise durch Frankreich
 19.1.1925 DFG-Veranstaltung in Heidelberg mit von Gerlach und dem französischen Pazifisten Henri Demont
 5.5.1925 Beurlaubung Gumbels unter Weiterzahlung seines Privatdozentenstipendiums, um in Moskau an der Marx-Engels-Gesamtausgabe mitzuarbeiten
 16.5.1925 Einstellung des 1. Disziplinarverfahrens, Veröffentlichung des Beschlusses und der Gutachten über Gumbel
 11/12.11.1925 Einleitung des 2. Disziplinarverfahrens wegen des Vergleiches zwischen dem Versailler Vertrag und den Friedensschlüssen mit Frankreich (1871); Rußland und Rumänien (1917/8)
 Frühjahr 1926 Rückkehr aus der UdSSR. Wiederbeginn der Lehre an der Universität Heidelberg zum SS 1926
 12.7.1926 Einstellung des  2. Disziplinarverfahrens durch die Fakultät, die sich vom Ministerium im Stich gelassen fühlt, Unter Protest. Anschließend
 Bis SS 1928 Versuche der Fakultät, den statistischen Lehrauftrag  anderweitig zu vergeben
 Mai 1927 Wahl in den Vorstand der Deutschen Liga für Menschenrechte
 7.12.1927 Teilnahme an der "Wir Landesväter"-Kundgebung in Leipzig
 1928 /1929 SPD-Austritt wegen deren Unterstützung für den Panzerkreuzerbau
 Februar 1929 erste Anfrage des Ministeriums wegen der anstehen den Ernennung Gumbels zum außerordentlichen Professor. Die Fakultät sprach Gumbel die "persönliche Eignung zum Prosfessorenamt" ab. In einem Sondervotum erkennen nur Emil Lederer und Karl Jaspers Gumbels außerordentliche "wissenschaftliche" Qualifikation an
 Mai 1930 Heirat mit Marieluise von Czettritz (geb.1892)
 4.8.1930 Ernennung durch das Ministerium zum außerordentlichen Professor
 14.9.1930 Triumphaler Reichstagswahlsieg der NSDAP. In Heidelberg erhalten die Nationalsozialisten fast doppelt so viele Stimmen(30,1%) wie im Reichsdurchschnitt (18,3%)
 Herbst 1930    Wiedereintritt Gumbels in die SPD
 7.11.1930 Protestversammlung von Vereinigung Heidelberger
Verbindungen, NSDAP und DNVP gegen die Ernennung  Gumbels zum Professor mit 1900 Teilnehmerinnen und Teilnehmern
  15.11.1930 Die Fakultät erklärt, sie hätte der Ernennung Gumbels
widersprochen, wenn sie befragt worden wäre Der Senat schließt sich diesem Votum an.
 16.11.1930 1. Wahltriumph der NSDAP bei der Kommumalwahl.
2. Die Partei kandidiert erstmals und erhält auf Anhieb
3. 35,7% der gültigen Stimmen
 25.11.1930 Kundgebung eines Aktionsausschusses nationaler Studenten gegen Gumbel mit 1750 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Hauptredner war der Historiker und  DNVP-Reichstagsabgeordnete Prof. von Freytagh-Loringhoven
 19.1.1931 Aufhebung der Verfaßten Studentenschaft in Heidelberg durch den Kultusminister wegen fortgesetzter Wahrnehmung eines politischen Mandats in Sachen Gumbel und Mißachtung der Minderheiten Rechte.
 20.1.1931 Gründung der Deutschen Studentenschaft Heidelberg e.V.(D.St.H.) als Ersatz-AstA mit Arierparagraph durch NSDStB und Großdeutsche Studentengruppe (Korporationsliste)
 21.1.1931 Kundgebung der D.St.H vor der Universität.Trotz eines allgemeinen Kungebungsverbotes kommen fast 1000 Studierende und Schaulustige. Aus Heidelberg und Umgebung wird die SA zur Teilnahme kommandiert. Als die Polizei den Kundgebungsplatz räumen willl, kommt es zu den schwersten  Krawallen in Heidelbergs jüngerer Geschichte. Die meisten Studenten ziehen sich in die Universität zurück. Linke und jüdische Studenten werden bei dieser Besetzung nicht geduldet und herausgeworfen,  der Eingang verbarrikadiert. Dennoch und unter Mißachtung der Hochschulautonomie, nach der die Polizei Universitätsgebäude nicht ohne Genehmigung des Rektors betreten durfte, wird die Eingangshalle geräumt. Es gibt mehrere Verletzte. Die Protestierer ziehen sich in die Aula zurück, wo sie bis  zum Eintreffen des Rektors unbehelligt bleiben
 25.1.-1931 Absage aller Lehrveranstaltungen und Universitäts -
vollversammlung. Wegen Überfüllung der Aula muß die Versammlung in Heidelbergs größten Saal, die Stadthalle, umziehen. Dieser Vermittlungsversuch des Rektors endet mit dem Auszug der Mehrheit der Studenten zur feierlichen Gründungsversammlung der D.St.H. im Capitol-Kino. 1900 Zurückgebliebene bitten den Rektor vergeblich von einer weiteren Zusammenarbeit mit der D.St.H.abzusehen.
 27.1.1931 Erneute Krawalle, als die Polizei das Verbot einer
<NSDAP-und NSDStB-Veranstaltung "Rote Justiz
oder deutsches Recht" durchsetzt.
 27.1.1931 Unterschriftensammlung in der Stadt gegen Gumbel, angeblich bis zum 1.2. bereits 15000 Unterzeichner
 1.2.1931 Erneute Protestversammlung gegen Gumbel mit
3300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
  In Berlin Solidaritätsveranstaltung "die Hochschul
Reaktion" der Deutschen Liga für Menschenrechtel
mit Gumbel, den sie bereits im Februar/März  durch
eine Unterschriftenkampagne unter  Hochschulleh-
rern (81 Unterzeichner) gestützt hatte
Ende 1931 Gründung einer Ortsgruppe der SPD-Abspaltung
Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands in Gumbels Haus.
Anfang 1932 2. Reise Gumbels in die UdSSR
27.5.1932 Politische Arbeitsgemeinschaft der Sozialistischen
Studentenschaft Heidelberg mit Gumbel über "Krieg und Arbeiterbewegung" auf der die "Kohlrüben"- Äußerung fällt.
 15.6.1932 Einleitung des 3. Disziplinarverfahrens
 24.6.1932 Protestkundgebung von D.St.H.und NSDStB mit 3500 Teilnehmerninnen und Teilnehmern (bei 3700 Studenten in Heidelberg)
 24.6.1932 Aufruf Gumbels  u.a. Linksintellektueller für ein Zusammengehen von SPD, KPD und SAP bei der
Reichstagswahl, um eine nationalsozialistische Regierungsbeteiligung  zu verhindern.
 31.7.1932 Reichstagswahl. In Heidelberg erhält die NSDAP
41,7% (Reichsdurchschnitt 37,3%)
 5.8.1932 Entziehung der Lehrberechtigung als "Ruhestörer und Friedensbrecher des akademischen Gemeinschaftslebens" Senatsbeschluß) durch den Kultusminister auf Antrag von Philosophischer Fakultät und Senat der Universität Heidelberg
 August/Sept. 1932 USA-Reise
 Wintersem. 1932/3 Gastvorlesungen am Institut Henri Poincare der Universität Paris
 1.2.1933

Widerspruch Gumbels gegen die Entlassung wird vom Kultusminister abgelehnt

 

Heidelberger Nationalsozialisten plündern Gumbels Haus

 7.3.1933 Haftbefehl des Berliner Polizeipräsidenten gegen Gumbel
 18.5.1933

Bücherverbrennung durch die Heidelberger Stundentenschaft. Ihr Führer, der spätere Reichsstudentenführer Gustav Adolf Scheel ruft in die Flammen "Die feierliche Handlung (...möge ) uns und unser Volk endgültig freimachen vom Geist eines Gumbel eines Remarque,  eines Tucholsky, eines Heinrich Mann, und wie die Verbrecher am deutschen Geist alle heißen mögen",

 23.8.1933

Ausbürgerung

 Seit 1934 Arbeit am Mathematischen Institut der Universität Lyon als Charge und seit 1936 Maitre de Recherches Einbürgerung in Frankreich
  Mitarbeit im Ausschuß zur Vorbereitung einer deutschen Volksfront, zu deren Organisationsbüro Gumbel gehörte
2.2.1936 Vorlage eines Minimalprogramms für die deutsche Volksfront
Dezember 1937 Gründungsmitglied des Bundes freiheitlicher Sozialisten
Mai bis Oktober 1940 Flucht in die USA
1940-1944 Stipendiat der Rockefeller-Foundation, Lehre an der
New School for Social Research (New York)
Seit Herbst 1941

Mitglied des GermanAmerican Council for the Liberation of Germany from Nazism

November 1942 Entzug der französischen Staatsbürgerschaft
 1944/1945

Gründungsmitglied des Council for a democratic Germany

 Seit 1944 Auftragsarbeiten für den US-Geheimdienst OSS
 1946 Naturalisierung in den USA
 1947-1948

Associate Professor für Mathematik am Brooklyn College

 1.7.-14.8.1950

erster Europabesuch seit 1940 als Leiter einer Studienreise "Trends toward Socialism in Europe from Feudal Background to Labor Government" durch Großbritannien, Skandinavien, Deutschland und Frankreich

 1952 Adjunct  Professor am Department of Indutrial Engineering der Columbia University
 18.7.1952

Aufruf gegen die deutsche Wiederbewaffnung

 November 1952

Tod von Marieluise Gumbel

1953-1957und 1959

Gastprofessor an der Freien Universität Berlin, zahlreiche Vortragsreisen in Europa und Asien, auch in den übrigen Jahren bis 1965

 1953-1956 Wiederbegegnungen mit Karl Jaspers
 1955/56

finanzielle Absicherung durch umfangreiche Wiedergutmachungszahlungen und die Gewährung der Pension eines Ordinarius

 1966

Mitglied im ersten Komitee gegen den Vietnam Krieg an der Columbia-Universität

 10.9.1966

Tod durch Lungenkrebs