Im Gegensatz etwa zu „Bio“ ist der Begriff „Fair“ rechtlich nicht klar definiert. Was „fair“ ist liegt somit im Auge des Betrachters. Die Übernahme sozialer und ökologischer Verantwortung und ethisch korrektes Handeln durch Unternehmen werden von Verbraucherinnen und Verbrauchern zwar noch immer selten aktiv gefordert, aber gewürdigt und durch bevorzugten Kauf oder Inanspruchnahme von Produkten dieser Unternehmen belohnt. Schlagworte wie „fair“ oder „nachhaltig“ sind dadurch beliebte Attribute geworden, mit denen sich Unternehmen gerne schmücken. Banken sprechen von „Fairtrauen“ oder bieten den „fairen Kredit“, wir können selbst „fair wohnen“ und ein großer Lebensmittel-Discounter warb vorübergehend in seinem Non-Food-Bereich mit dem Slogan „Wir handeln fair!“, bis er eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs verlor.
Was Unternehmen unter „fair“ verstehen muss sich nicht zwangsläufig mit dem decken, was wir als Verbraucherinnen und Verbraucher oder Kundinnen und Kunden als „fair“ ansehen würden. Solange es keine verlässlichen rechtlichen Rahmenbedingungen gibt, sind wir dazu aufgerufen, uns zu informieren und uns unsere eigene Meinung und Vorstellung zu bilden über das, was für uns „fair“ bedeutet.
Auch der Begriff „Fairer Handel“ ist kein rechtlich geschützter Begriff. Er wird allgemein für den Handel „fair“ produzierter Waren verwendet, die primär aus Ländern des Südens, von denen man noch heute oft als „Entwicklungsländer“ spricht, nach Deutschland importiert werden. Seit Beginn der Fairhandelbewegung in Deutschland Anfang der 1970er Jahre haben sich allerdings eine Tradition und ein Verständnis von dem, was „fair“ ist, herausgebildet. Der informelle Arbeitskreis FINE, bestehend aus vier internationalen Dachorganisationen des Fairen Handels, hat sich auf eine gemeinsame Definition verständigt:
„Fairer Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte ProduzentInnen und ArbeiterInnen – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Fair Handels-Organisationen engagieren sich (gemeinsam mit VerbraucherInnen) für die Unterstützung der ProduzentInnen, die Bewußtseinsbildung sowie die Kampagnenarbeit zur Veränderung der Regeln und der Praxis des konventionellen Welthandels.“
(FINE-Definition, International anerkannte Definition des Fairen Handels des internationalen Netzwerkes FINE)
Unter dieser gemeinsamen Definition leben die einzelnen Akteure im Detail unterschiedliche Ausprägungen von „Fairem Handel“. Entscheidungshilfen für die eigene Bewertung der sozialen, ethischen und ökologischen Aspekte von Produkten des Fairen Handels bieten uns Verbraucherinnen und Verbrauchern produktspezifische Siegel und Gütezeichen. Die zertifizierenden und prüfenden Institutionen versprechen die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards entsprechend ihrer jeweiligen Richtlinien. Nach Einschätzung des Forum Fairer Handels das wohl bekannteste und auch eines der strengsten Gütezeichen ist das Fairtrade-Siegel der Fairtrade Labelling Organizations International (FLO).
Gerade in Weltläden, den Fachgeschäften des Fairen Handels, werden viele faire Produkte verkauft, die über kein Siegel oder Gütezeichen verfügen. In diesem Fall gewährleisten eine enge, partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Händler in Deutschland und den Produzentinnen und Produzenten in den Ländern des Südens die Einhaltung entsprechender Standards. Die Art der Handelsbeziehung und Strukturen ermöglichen hierbei zum Teil die Erfüllung besonders hoher Ansprüche an Fairem Handel. Ehrenamtliche Strukturen bei dem deutschen Händler können beispielsweise eine höhere finanzielle Unterstützung begleiteter Projekte der Produzentinnen und Produzenten ermöglichen.